Dr. Frauke Viebahn

Training - Coaching - Lehre


Wie Kinder ihren Helikopter bzw. Rasenmäher Eltern entkommen können/sollten

Heute auf meinem Heimweg fuhr ich erstaunt an vielen i-Dötzchen vorbei, die ihren großen Tag hatten: den Schuleintritt. Warum war ich erstaunt? Von allen Familien, die offensichtlich zur Einschulung unterwegs waren, trug genau ein Junge seine Schultüte selbst. Ansonsten beförderten stolze Väter, Mütter, Großeltern die Tüte wie eine Trophäe vor sich her.

Heute auf meinem Heimweg fuhr ich erstaunt an vielen i-Dötzchen vorbei, die ihren großen Tag hatten: den Schuleintritt. Warum war ich erstaunt? Von allen Familien, die offensichtlich zur Einschulung unterwegs waren, trug genau ein Junge seine Schultüte selbst. Ansonsten beförderten stolze Väter, Mütter, Großeltern die Tüte wie eine Trophäe vor sich her.

Doch es endet nicht in der Schule, ganz zu schweigen von den berüchtigten „Elterntaxis“, die Schulwege zu einer Gefahrenquelle machen. Sogar an der Hochschule bzw. Uni rufen heutzutage Eltern an, um sich zu informieren und Angelegenheiten zu regeln. Das verblüffte Personal vor Ort kann nur müde den Kopf schütteln und auf die Tatsache hinweisen, dass die „lieben Kleinen“ im tertiären Bildungsbereich selbstständig sein müssen, sonst wird es schwierig…

Kinder sind heutzutage ein wertvolles Gut, wofür die Eltern wie seit jeher die primäre Verantwortung tragen. Diese Verantwortung erfüllen die meisten Eltern heute deutlich liebevoller und zugewandter als Generationen zuvor. Das kommt den Kindern sehr zugute. Darin sind sich die Forscher:innen einig.

Doch wo ist die Grenze? Den Kindern sämtliche Lasten abzunehmen, kann aus entwicklungspsychologischer Sicht nicht die Lösung sein.

Nachgewiesenermaßen führt verwöhnendes und überbehütendes Erziehungsverhalten zu einer geringen Selbstständigkeit, einem Mangel an Problemlösungsfähigkeit, zu erhöhter Angst und Unsicherheit und damit zu geringem Selbstvertrauen, zu sozialer Unsicherheit, zu mangelnder Frustrationsfähigkeit, übersteigertem Egoismus und fehlendem Verantwortungsbewusstsein. Sie ahnen es schon: Diese Mängel sind später schwer zu revidieren. Dass Arbeitgeber:innen über gewisse Unzulänglichkeiten junger potenzieller Mitarbeitenden klagen, kommt also nicht von ungefähr.

Doch wie können Eltern dem entgegenwirken, am besten schon präventiv? Eltern sind in der Regel die wichtigsten emotionalen Bindungspartner ihrer Kinder. Die Liebe sollte bleiben! Hinzukommen sollte allerdings das Vertrauen in die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kindes. Kinder dürfen scheitern. Wenn die Schultüte herunterfällt, so what? Wenn sie am nächsten Tag Muskelkater haben, so what? (Man könnte die Tüte auch leichter packen😉) Und jetzt müssen Eltern sehr stark sein: Auch wenn Kinder später scheitern, es gehört im Leben dazu. Bei einer liebevollen und verlässlichen Begleitung ist das Risiko des Scheiterns übrigens gering. Und was bedeutet schon Scheitern? Es bedeutet, mal schlechte Noten schreiben zu dürfen, vielleicht sogar ein Schuljahr wiederholen zu müssen/dürfen. Eltern sollten sich in diesem Fall immer fragen: Ist es wirklich schlimm für mein Kind oder habe ich Angst mein Gesicht zu verlieren?

Für den Schuleintritt noch eine ganz wichtige Bitte an alle Eltern: Schule ist kein Schauplatz einer Dressur. Die Gehirne von Kindern sind aus evolutionstheoretischer Sicht darauf ausgelegt, zu lernen! Wer den Druck wegnimmt und die Freude am Lernen in den Vordergrund stellt, sich bei etwaigen Problemen aufmunternde Methoden überlegt, damit das Kind diese Lernhindernisse überwinden kann, der ist (fast) auf der sicheren Seite! Nur fast? Ja, Kinder sind keine Computer! Sicher ist nichts, und damit müssen Eltern lernen, zu leben! Viel Erfolg dabei! Und viel Erfolg allen i-Dötzchen in ihrem spannenden Einstieg in eine neue Lebensphase auf dem Weg zur Autonomie!

Weitere Insights

  1. „Learning by doing“

    Kita ab drei Jahren als ein Ort der Möglichkeiten

    Die Bedeutung der ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung steht heute bei Wissenschaftler:innen diverser Fachbereiche u.a. der Pädagogik, Entwicklungspsychologie und Neurologie außer Frage. Zwar gilt, dass der Mensch grundsätzlich lebenslang lernt, trotzdem werden vor allem die ersten Lebensjahre als ausschlaggebend für ein späteres Gelingen im Sinne eines zufriedenen Lebens in Selbstständigkeit angesehen.

  2. „Ready, steady, go!“

    …Die Kita als Startblock

    Manchmal wirkt es so, als wäre der Kindergarten „nur“ ein Ort zum Spielen und Malen. Doch hinter Fingerfarben und singenden Kindergruppen steckt viel mehr! In der Kita beginnt für viele Kinder nicht nur das soziale Leben außerhalb der Familie, sondern auch ein wichtiger Teil ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Es ist oft das erste Mal, dass sie sich in einer Gemeinschaft außerhalb ihrer vertrauten Umgebung zurechtfinden – das kann für manche schon ziemlich aufregend und mit Herausforderungen verbunden sein. In der Erziehungswissenschaft spricht man gerne vom „sozialen Lernfeld“: Hier treffen verschiedene Persönlichkeiten, Kulturen und auch Erziehungsstile aufeinander. Das bedeutet konkret: Kinder lernen zu teilen, Konflikte zu lösen und sich in eine Gruppe einzufügen, ohne komplett ihre Individualität aufzugeben. Und wer glaubt, das käme automatisch, unterschätzt das Potenzial der Fachkräfte in den Kitas. Sie beobachten, geben Impulse, helfen bei Auseinandersetzungen und fördern spielerisch Fähigkeiten, die später in der Schule und im Berufsleben Gold wert sein können.

Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen, auf denen wir in die Höhe steigen. (Friedrich Nietzsche)