Beziehung und Haltung im Coaching mit Jugendlichen
Haltung und Beziehung als Basis des Coachingerfolgs- eine Erkenntnis, die eigentlich nicht überrascht, dennoch erst in den letzten Jahren in den Fokus des Interesses rückte. Eine vertrauensvoll, respektvolle und würdevolle Beziehung zwischen Coach und Coachee ermöglicht erst, dass Entwicklungsprozesse beim Coachee in Gang gesetzt werden.
Besonders für Jugendliche, die als „schwierig“ gelten, ist dies essentiell. Die positive Haltung des Coachs in dieser Beziehung gegenüber dieser Lebensphase stellt dafür die Grundvoraussetzung dar. Entwicklungspsychologisch ist diese Phase keinesfalls als „schwierig“ zu bezeichnen, sondern eher als ein Aufbruch zu bewerten. Ein Aufbruch in eine eigene Identität und in ein autonomes Leben. Diese Persönlichkeitsentwicklung beinhaltet die Infragestellung und die Neubewertung von bisherigen Mustern. Um dies zu erreichen, müssen sich die Jugendlichen von den bestehenden Mustern „freistrampeln.“
Heftige Emotionen und das Eingehen von Risiken ist immanenter Teil dieser Entwicklung. Als Coach bedeutet dies, die Jugendlichen in ihren individuellen Lagen ernst zu nehmen, sie in ihren für manche vielleicht etwas seltsam anmutenden Handlungsweisen zu unterstützen und sie zu ermutigen, individuelle Wege zu gehen. Um eine Coach-Coachee Beziehung in diesem Lebensabschnitt herzustellen, ist eine Kommunikation auf Augenhöhe unabdingbar. Wenn diese mit einer wertschätzenden Haltung und der Akzeptanz eigener Einstellungen einhergeht, bedeutet dies eine vielversprechende Basis für die weitere Zusammenarbeit.
Die Haltung des Coachs beeinflusst nicht nur maßgeblich die Beziehung zum Coachee, sondern bildet ebenso den methodischen Handlungsrahmen für den gesamten Coaching-Prozess. Der Neurobiologe und Lernforscher Hüther geht fest davon aus, dass Lernerfolge auf Vertrauen, Ziele bzw. Visionen und Vorbilder basieren, die subjektiv empfunden werden. In der Folge heißt dies: Jugendliche möchten ernst genommen werden. Und das zu Recht!
Forscher:innen gehen davon aus, dass die kognitive Leistungsfähigkeit in diesem Lebensabschnitt gravierend zunimmt. Selbst wenn es manch ein Jugendlicher anscheinend gut zu verbergen scheint: Wer sich die Zeit nimmt, den Jugendlichen zum Nachdenken anregt und er oder sie sich von dem Gegenüber ernst genommen fühlt, können die Heranwachsenden sehr logisch argumentieren, abstrakt nachdenken und danach handeln.
Hüther beschreibt vor allem eine sehr hohe Lernsensibilität bei Jugendlichen, wenn die Lernerfahrungen mit angenehmen Gefühlen verbunden sind. Er spricht von einem ‚Gießkannenprinzip‘. Das heißt: Wenn Jugendliche sich wohlfühlen, lernen sie schnell und gerne. Dieses Prinzip wirkt sowohl im Coaching-Prozess als auch während Ausbildung und Studium. Wichtig ist zu wissen, dass sich im Gegensatz zu der kognitiven Entwicklung die Phase der Vollendung der Persönlichkeitsentwicklung gemäß neueren Forschungs-ergebnissen in den westlichen Industrieländern nach hinten verschoben hat, sprich: Jugendliche reifen heute auf der sozialen Ebene insgesamt später als in früheren Zeiten.
Gerade die Aufnahme einer Ausbildung oder der Beginn eines Studiums bedeuten für Jugendliche jedoch einen großen Einschnitt und vor allem einen bedeutsamen Rollenwechsel. Junge Menschen sollen dann in der Lage sein, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstständig Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Trotz des kognitiven Leistungszuwachses, kann sich also die psychosoziale Reife verzögern. Verzögern bedeutet aber auch, sie setzt irgendwann ein, nur eben oft etwas später. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie stehen. Dann lassen sie sich normalerweise gut auf ihr Gegenüber ein, ob nun im Coaching oder im beruflichen Alltag.
Am Ende bedeuten die hier gesammelten Erkenntnisse:
‚Chill your base!‘ -es wird sich etwas verändern, wenn die Haltung stimmt!
Weitere Insights
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„die Qual der Wahl“ oder „die freie Wahl“ In Deutschland stehen Jugendlichen, die sich ihrem Abschlussjahr in der Schule nähern, 324 anerkannte Ausbildungsberufe und 21.
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…ist besser als ihre Reputation ‚Die Jugend von heute‘ ist ein seit Jahrhunderten gebräuchlicher Ausdruck für die neue Generation von Heranwachsenden, die von älteren Generationen oft als „Störenfriede“, „Unruhestifter“ und „Unfähige“ wahrgenommen wird.